Ein Kind schaut Fernsehen.
07. Juli 2015 Lesezeit: ~3 Minuten

Bilder der Entfremdung von Wolfram Hahn

Wolfram Hahn ist ein in Berlin lebender Fotograf, dessen Arbeiten soziologische Studien über den modernen Menschen sind. Er beschäftigt sich unter anderem mit der Bedeutung neuer Medien für Menschen. Ihn interessiert, ob sich die Art und Weise, wie wir miteinander in Kontakt treten, verändert hat.

Soziale Netzwerke werden zum Kommunizieren und Finden neuer Freunde immer wichtiger. Das Selfie ist ein wichtiges Mittel geworden, um das eigene Leben zu dokumentieren und den Eindruck, den man auf andere macht, gezielt zu steuern. Ein Selfie bildet auch ab, in welcher Stimmung jemand ist, es lädt somit zum Kommentieren und Kontaktieren ein.

In seiner Serie „Into the light“ portraitiert Wolfram Hahn Menschen in ihrer Wohnung in genau dem Moment, in dem sie ein Selfie von sich knipsen. Um den stillen Moment der Selbstdarstellung einzufrieren, hat Wolfram Hahn das Mittelformat und längere Belichtungszeiten gewählt.

Die Menschen auf Wolfram Hahns Bildern sind allein in ihrer Wohnung, nur das Blitzlicht des Smartphones transportiert sie aus dem Moment des Alleinseins in die Welt des sozialen Netzwerks. Dieser Moment zwischen dem Alleinsein und der Suche nach Kontakt steht symbolisch für einen gesellschaftlichen Wandel einer Generation, die enge Beziehungen anders pflegt als Generationen vor ihr.

Eine Person fotografiert sich selbst.

Eine Person fotografiert sich selbst.

Eine Person fotografiert sich selbst.

Eine Person fotografiert sich selbst.

In einer weiteren Serie namens „Kaffee Bankrott” portraitiert Wolfram Hahn Personen, die vom Verkauf eines Berliner Obdachlosenmagazins, dem „Straßenfeger“, leben. Das Kaffee Bankrott im Bezirk Prenzlauer Berg ist eine wichtige Anlaufstelle für die Verkäufer des Straßenfegers.

Die Berliner reagieren oft genervt, wenn die Verkäufer des Straßenfegers durch die U-Bahn ziehen, die persönlichen Hintergründe jedes einzelnen Verkäufers kennt man nicht. Wolfram Hahns Portraits laden dazu ein, sich zu fragen, wer die Menschen auf den Bildern sind, die in eine missliche Lebenslage geraten sind und welche Wege ihnen in Zukunft offen stehen mögen.

Ein Mann sitzt im Sessel

Ein Mann liegt auch einem Sofa

Ein Mann blickt in ein Zimmer.

Ein Mann steht an einer Tür

Die Serie „Das entzauberte Kinderzimmer“ wurde im C/O Berlin 2006 mit einer Ausstellung im Rahmen der Reihe „Talents“ gewürdigt. Wolfram Hahn war damit der erste Fotograf, der Kinder vor dem Fernsehgerät portraitiert hat. Erst viel später haben andere Fotografen die Idee der medienkonsumierenden Kinder adaptiert, erst kürzlich etwa Donna Lee Stevens.

Auf seinen Bildern sieht man Kinder mit starrer Miene, verstrubbeltem Haar und glasigen Augen, die auf ein Fernsehgerät blicken. Leicht könnte man die Kinder mit leblosen Puppen verwechseln. Wolfram Hahn geht in seiner Serie der Frage nach, welche Folgen erhöhter Fernsehkonsum, insbesondere bei jüngeren Kindern, haben kann.

Wolfram Hahns Bilder zeigen, dass der passive Konsum von Fernsehen nicht folgenlos bleibt. Seine Bilder referieren damit auch auf Befunde, die zeigen, dass erhöhter Fernsehkonsum zu schlechteren schulischen Leistungen und Niedergeschlagenheit führen kann. Anders als Zeitungsberichte über aktuelle Studien zum Mediengebrauch macht Wolfram Hahn die potenziellen Folgen des Fernsehens direkt sicht- und nachvollziehbar.

Ein entzaubertes Kinderzimmer

Ein entzaubertes Kinderzimmer

Ein entzaubertes Kinderzimmer

Ein entzaubertes Kinderzimmer

Wolfram Hahns Bilder rütteln den Betrachter wach, denn sie hinterfragen, ob und inwiefern Medien uns unwillentlich formen können. Weitere Bilder und Informationen zu Wolfram Hahn könnt Ihr auf der Webseite des Fotografen sehen und finden.